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Über die Arbeitsstelle Medical Anthropology | Global Health

Adresse
Landoltweg 9 - 11
14195 Berlin

Die Medical Anthropology (auch Medizinethnologie oder Medizinanthropologie) hat sich im deutschsprachigen Raum als eigenständige Subdisziplin der Ethnologie bzw. der Sozial- und Kulturanthropologie etabliert. Im Anschluss an die englischsprachige Medical Anthropology, die in den USA und Großbritannien zu den stärksten Forschungsrichtungen der Sozial- und Kulturanthropologie zählt, untersucht sie all diejenigen Phänomene, die in Gesellschaften und Kulturen weltweit mit Krankheit, Gesundheit und Heilung verbunden sind. Der am Institut für Sozial- und Kulturanthropologie vertretene Ansatz der kritisch-interpretativen Medizinethnologie schließt nicht nur die Erforschung und Analyse medizin- und gesundheitsbezogener Praktiken, Institutionen und Ideen in 'nicht-westlichen' Gesellschaften ein. Er bezieht sich auch auf die Analyse der vielschichtigen Artikulationen von Biomedizin und anderer Formen von Medizin und Heilung in den europäischen und nordamerikanischen Gesellschaften selbst.

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Mónica aus Chile: Chronisch krank und illegalisiert in Berlin. Foto: Tillmann Engel

Ein Schwerpunkt der am Institut vertretenen medizinethnologischen Forschungen liegt auf den Rekonfigurationen von Medizin und Heilung, die mit den Transformationen von Gesundheitssystemen und medizinischen Wissenslandschaften im Kontext globaler und transnationaler Verflechtungen verbunden sind. Viele dieser Fragen verdichten sich im Kontext von Global Health und damit verbundenen Maßnahmen zur Eindämmung von Epidemien/Pandemien wie HIV/AIDS oder Covid-19, die zu tiefen Einschnitten im gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben von Menschen weltweit geführt haben. Insbesondere werfen epidemische bzw. pandemische Krankheiten Fragen nach Fürsorge (Care) und sozialen Beziehungen sowie nach dem Zugang zu Gesundheitsversorgung und gesellschaftlicher Teilhabe (Citizenship) neu auf.

Ein weiteres Arbeitsfeld der Medical Anthropology ergibt sich aus dem Themenkomplex Migration und Gesundheit, der nicht nur eine Mobilität von PatientInnen und Gesundheitsfachkräften impliziert, sondern auch von (teils religiös basierten) Heilungsideen und -praktiken. Schließlich sind MedizinanthropologInnen an der Entstehung transnational verflochtener Heilungsmärkte und (den Politiken) der Standardisierung bzw. Nutzbarmachung alternativer Medizinformen, sowie an der Neuordnung reproduktiver Beziehungen im Kontext demographischer und epidemiologischer Verschiebungen interessiert.

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Rituelle Segnung von Pflanzenmedizin in Kalebassen, Muheza, Tansania. Foto: Dominik Mattes

Alle diese Fragen betonen die wechselseitige Konstitution von Medizin / Biologie und Gesellschaft / Kultur, die von Sozial- und KulturanthropologInnen mit Bezug auf die in diesen Prozessen implizierten postkolonialen Machtbeziehungen, Wissenshierarchien und (moralischen, politischen, ökonomischen) Positionierungen unterschiedlicher Akteure untersucht wird. Gleichzeitig verweisen diese Themenfelder auf die Notwendigkeit, diese Fragen aus einer breiten sozial- und kulturanthropologischen Perspektive heraus – und unter Einbeziehung theoretischer und methodologischer Erkenntnisse anderer Ethnologiebereiche (z.B. Religions-, Wirtschafts- und Politik- bzw. Rechtsethnologie) – zu untersuchen.

SFB 1171 Affective Societies
BGSMCS
Berlin Southern Theory Lecture