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Werbefrei und unabhängig? Neue Geschäftsmodelle im Journalismus und ihre Zukunft. Christian Schwägerl am 30.11.2021 im Gespräch mit Prof. Margreth Lünenborg

Margreth Lünenborg, Professorin für Journalistik (Freie Universität Berlin), mit dem Journalisten Christian Schwägerl

Margreth Lünenborg, Professorin für Journalistik (Freie Universität Berlin), mit dem Journalisten Christian Schwägerl
Bildquelle: Videoframe ALEX

News vom 15.11.2021

Verleger-Zeitung, von Investmentfonds geförderte Online-Portale oder nachbarschafts-finanzierte Radios: wie sieht das journalistische Geschäftsmodell der Zukunft aus? Klassische werbe- oder Verleger-finanzierte Geschäftsmodelle scheinen immer mehr an Bedeutung zu verlieren durch Digitalisierung und Veränderungen bei Publikumspräferenzen. Doch journalistische Qualität braucht eine verlässliche finanzielle Basis. Viele Medieninitiativen erschließen sich deshalb neue Quellen oder erweitern ihr Portfolio über journalistische Produkte hinaus. Mit der Finanzierung ist aber auch immer die Frage von Unabhängigkeit verbunden, sowohl von politischen als auch wirtschaftlichen Interessen.

Wie kann qualitativ hochwertiger, unabhängiger Journalismus in Zukunft gesichert werden? Welche Geschäftsmodelle etablieren sich derzeit und welche sind nachhaltig? Welche Rolle können Journalist*innen selbst bei der Schaffung neuer Möglichkeiten spielen? Bietet gemeinnütziger Journalismus hier eine Chance?

Über diese Fragen sprach Margreth Lünenborg, Professorin für Journalistik, mit dem Journalisten Christian Schwägerl. Er ist Mitbegründer von „RiffReporter – die Genossenschaft für freien Journalismus“ und war davor lange als Politik- und Parlamentskorrespondent für die Berliner Zeitung, die FAZ und den SPIEGEL tätig.

„RiffReporter“ beschreibt Christian Schwägerl als eine Art „Werkbank“, eine Infrastruktur, die freischaffenden Journalist_innen eine Plattform bietet sich selbst zu verwalten und zu vermarkten. Er selbst ist neben Tanja Krämer der Vorsitz, sowie auch als Autor tätig. Vor allem betonte er die Wichtigkeit kooperativer Organisation, um sich gegenseitig im unternehmerischen Handeln zu unterstützen und den wirtschaftlichen Druck zu erleichtern.

Besonderes zeichne sich „RiffReporter“'s Berichterstattung durch ihren Tiefgang und die kontinuierliche Recherche zu Zukunftsthemen aus. Hierbei gehe es kaum um Trendthemen, sondern Thematiken von langfristiger Bedeutung, wie Klima oder Biodiversität. Hier füllen „Riffreporter“ laut Schwägerl besonders einen der blinden Flecken der deutschen Medienlandschaft.

Zu Fragen der Unabhängigkeit vermerkt Schwägerl, dass immer Abhängigkeiten entstehen durch Finanzierung, sei es Werbung oder Investor_innen. Jedoch habe RiffReporter strenge, eigene Konventionen, die keinerlei inhaltliche Eingriffe seitens Dritter erlauben, sondern finanzieller Support nur "blind" seitens der Geldgeber_innen erfolgen kann. So kooperieren sie beispielsweise viel mit Stiftungen, die aber keine Anrechte auf den inhaltlichen Output haben.

Zum Thema Stiftungen kam zudem der Ampelkoalitionsvertrag zur Sprache, der sich für Stiftungen für Wissenschaftsjournalismus ausspricht. Dies sieht Schwägerl jedoch eher kritisch, da Zusammenhänge mit staatlichen Organen immer Gefahren für einen freien, unabhängigen Journalismus in sich bergen. Er plädierte eher für eine Pipeline, angezapft an öffentlich rechtliche Mittel, die Innovationen finanzieren sollten im journalistischen Milieu.

Ein weiterer wichtiger Finanzier sei außerdem auch die Leser_innenschaft. Bei „RiffReporter“ gäbe es bereits die Möglichkeit Artikel einzeln zu kaufen, um Leser_innen nicht „die Katze im Sack“ kaufen zu lassen. So generiere sich auch ein interaktives Verhältnis von Leser_innen und Autor_innen und eine wünschenswerte Autoritätsverschiebung, weg vom allwissenden Autor, hin zur interessierten, mitgestaltenden Audience.

Trotzdem, so schließt der Journalist, sei es wichtig größere Phasen der Investition zu haben, da guter, unabhängiger Journalismus mittlerweile eine prekäre Beschäftigung sei. So brauche es finanzielle Stabilität und Kooperation, um einen Braindrain zu verhindern und Medienschaffende zu ermutigen im Feld zu bleiben.

Die Sendereihe ist eine Kooperation des Center for Media and Information Literacy (CeMIL) des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin, der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) und ALEX Berlin.

Die Sendung vom Dienstag, den 30.11.2021 können Sie auf Youtube abrufen: https://youtu.be/MR0BIlZl-lY 

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