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60 Jahre Grundgesetz, 60 Jahre Kampf um Gleichberechtigung:
Homosexualität und Recht in der Bundesrepublik

Termin: Montag, 29. Juni 2009, 13–18 Uhr

Ort: Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Ihnestr. 21, 14195 Berlin (Hörsaal A)

Vor über 60 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft und begründete einen Neuanfang gegenüber der nationalsozialistischen Selektions- und Verfolgungspolitik – maßgeblich durch die Diskriminierungsverbote in Art. 3 GG. Ein Diskriminierungsverbot aufgrund sexueller Identität war darin nicht enthalten. So konnte die in der NS-Zeit verschärfte, strafrechtliche Verfolgung homosexueller Männer in der Bundesrepublik fortgesetzt werden.

Die rechtliche Grundlage der Verfolgung stellte dabei der Paragraf 175 des deutschen Strafgesetzbuches dar. Als der Paragraf im Jahr 1871 ins Reichstrafgesetzbuch aufgenommen wurde, stellte er die "widernatürliche Unzucht [...] zwischen Personen des männlichen Geschlechts" mit Gefängnis und dem Entzug von Ehrenrechten unter Strafe. Während der Strafparagraf das Kaiserreich, den Ersten Weltkrieg und die Weimarer Republik unverändert überdauerte, verschärften ihn 1935 die Nationalsozialisten erheblich dadurch, dass fortan das "Betrachten in wollüstiger Absicht" für eine Verurteilung ausreichte. Die Folgen waren verheerend: Nicht nur, dass die Verurteilungen drastisch zunahmen, auch fanden viele Homosexuelle in Konzentrationslagern den Tod. Anschließend galten Überlebende in der Bundesrepublik als vorbestraft und es kam vor, dass sie aufgefordert wurden, Reststrafen im Zuchthaus abzusitzen.

Das Bundesverfassungsgericht befand in seinem Urteil von 1957  den verschärften Strafparagrafen mit dem Grundgesetz vereinbar. In diesem „Schandurteil“ (Prof. Mengel) ging das Gericht einmal davon aus, daß die im Dritten Reich erfolgte Verschärfung des § 175 kein spezifisch nationalsozialistisches Recht sei und deshalb wirksam bleibe, und zum anderen, daß sie mit den Werten des Grundgesetzes vereinbar sei. Erst durch die Liberalisierung des Paragrafen 175 StGB im Jahr 1969, 24 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes, wurde Homosexualität zwischen erwachsenen Männern straffrei, eine endgültige Streichung erfolgte 1994. Mit dem Ende der strafrechtlichen Diskriminierung männlicher Homosexualität konzentrierte sich die Auseinandersetzung um Gleichberechtigung nicht nur auf die Anerkennung homosexueller Partnerschaften und die Gleichstellung in Arbeit und Beruf, sondern insbesondere steht die Aufnahme der sexuellen Identität als nicht zulässigen Anknüpfungspunkt für diskriminierende Ungleichbehandlung in Art. 3 GG auf der Tagesordnung.

Aus Anlass des 60-jährigen Jubiläums des Grundgesetzes und aufgrund des anhaltenden Kampfes um Gleichberechtigung widmet das Center for the Study of Discrimination based on Sexual Orientation (CSDSO) an der FU Berlin dem Verhältnis von Homosexualität und Recht in der Bundesrepublik seine diesjährige Konferenz und lädt alle Interessierten ein am 22. Juni 2009 im Otto-Suhr-Institut daran teilzunehmen.

 

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.