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Documentation of Round Table Discussion "The Financial Crisis in Greece - economic and juridical perspectives"

News from Aug 27, 2010

Dokumentation der Podiumsdiskussion

Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise in Griechenland

1. Juni 2010, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Berlin

Prof. Dr. Börzel, Jean Monnet Lehrstuhl für Europäische Integration und Akademische Koordinatorin des Jean Monnet Centre of Excellence, Freie Universität Berlin begrüßt die TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussion zu den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise in Griechenland. In ihrer Einleitung fasst sie die zentrale Frage zum Veranstaltungstitel „Die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise in Griechenland“ mit der These zusammen: „zu wenig, zu spät?“ Dabei bindet sie die Rezeption der Hilfsmaßnahmen aus einer transatlantische Perspektive ein: aus Sicht der amerikanischen Medien passierte viel zu wenig, um die Krise in den Griff zu bekommen. Insgesamt werden das zu späte Handeln und die Kritik an Deutschland aus amerikanischer Sicht mit der Sorge verbunden, dass die USA mit in den Strudel gerissen werde. Zudem würden Alternativen zur Stärkung der Glaubwürdigkeit der Eurozone gefordert.

Der Hauptredner, Herr Tigges, Präsident der Hauptverwaltung Berlin der Deutschen Bundesbank, nimmt in seinem Eingangsstatement zunächst eine chronologische Darstellung der Ereignisse der ersten Monate des Jahre 2010 vor (vgl. verlinkte Präsentation). Dabei weist er auf die Spreads der Staatsanleihen zu den Bundesanleihen hin und erläutert, wieso die Zinsaufschläge im Fall von Griechenland angestiegen seien. Im Folgenden benennt er Faktoren, die dazu führen, dass ein Staat an den Kapitalmärkten unter Druck gerät: Strukturelles Leistungsbilanzdefizit sowie hohe Schuldenquote.

    Zum Ende des 1. Quartals 2010 kamen die Euromärkte ebenfalls unter Druck, womit sich eine Krise der gesamten Währungsunion abzeichnete. Schließlich habe man sich auf einen Beistandsmechanismus geeinigt, der schon Ende April in einer konkreten Fassung vorgelegt wurde (inklusive IWF-Beteiligung, Strafzinsmodell). Die Modalitäten des Rettungsschirms, bei dem über die Europäische Kommission mit direkten Krediten, eine Zweckgesellschaft und den IWF insgesamt bis zu 750 Mrd. Euro eingebunden seien, werden ausführlich dargestellt und bewertet. Zur Umsetzung müsse die vereinbarte Konditionalität durchgesetzt werden, ebenso müssten weitere Konsolidierungsschritte folgen. Diese Krisenabwehrmaßnahmen bezögen sich auch auf andere betroffene Staaten, da es keinen Automatismus für Hilfen gebe. Abschließend werden von Herrn Tigges zur Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorgeschlagen:

 • erneutes Wichtignehmen des Schuldenkriteriums;

 • weitergehende (regelgebundene) Sanktionen;

 • Schaffung einer Staatlichen Insolvenzordnung.

 

Prof. Dr. Calliess, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Europarecht, Freie Universität Berlin, stellt die rechtlichen Möglichkeiten dar mit der zentralen Unterscheidung zwischen der Konformität mit dem Europarecht (EU-Verträge) und dem deutschen Verfassungsrecht. Dazu führt er das Bail out-Verbot aus, wonach weder die EU noch die Mitgliedstaaten für fremde Schulden, im Sinne einer Haftung der Mitgliedstaaten, aufkommen dürften. Diesem Verbot stehe eine Norm gegenüber, die so genannte Solidaritätspflicht innerhalb der Europäischen Währungsunion (Art. 122). Im Rahmen von Art. 122; Abs. 2 ergebe sich eine Ausnahmeregel zu Art. 125: Unter bestimmten Voraussetzungen seien Abweichungen erlaubt. Wenn das Kriterium eines außergewöhnlichen Ereignisses vorliege, das sich der Kontrolle des Mitgliedstaates entziehe, sei ein finanzieller Beistand der Union möglich. Da beim Haushaltsdefizit ebenfalls ein hoher Spekulationsanteil gegen Griechenland im Spiel war, könne geschlussfolgert werden, dass sich das Ereignis der griechischen Kontrolle und somit der Handlungsmöglichkeiten entzogen habe. Daher greife die Bail-out-Klausel nicht. Gleichwohl handele es sich um eine ambivalente Situation: Beim Rettungsschirm seien zwar Unterstützungsmaßnahmen der Union vorgesehen, allerdings bezögen sich diese nicht auf bilaterale Hilfen der Mitgliedstaaten. Da die EU nur über ein begrenztes Eigenfinanzvolumen verfüge, stelle sich die Frage nach der Kreditaufnahme innerhalb der Eurozone. Herr Prof. Calliess stellt die Frage, ob nun bilaterale Hilfen dennoch möglich seien, die eine Ausnahme vom Verbot des Bail-out (Art. 122, Abs. 2) darstellten? Dazu wird die ultima ratio-Argumentation angewandt: Die Auslegungsmethode bezieht sich auf die teleologische Reduktion des Art. 125. Der Argumentationskern ziele auf die Garantie der Währungsstabilität. Im Falle einer Gefährdung der Währung, also des Euros, und eines drohenden Auseinanderfallens der Eurozone und somit die Grundlage der Europäischen Union, seien im Ausnahmefall Stützungsmaßnahmen als letztes Mittel zur Abwehr von schwerwiegenden Gefahren für die gemeinsame Währung einsetzbar. In den Bundestagsdebatten wurde die Stabilität der Währungsunion als Hauptargument herangezogen. Unter Verweis auf die Konstruktion der gesamten Eurozone sei diese Auslegung allerdings europarechtlich sehr umstritten.

    Verfassungsrechtlich betrachtet stelle das Maastricht-Urteil das entscheidende Urteil dar. Der Beitritt und Verbleib in der Eurozone gelte als Eintritt in eine Stabilitätsgemeinschaft. Die damit verbundenen Stabilitätskriterien galten dem Bundesverfassungsgericht als ausreichender Rahmen, wobei die EG/EU diesen Stabilitätsrahmen zu garantieren habe. Die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes sei die Kontrolle darüber, ob die Unionsorgane das Unionsrecht einhielten. Im Falle eines Nichttätigwerdens des Europäischen Gerichtshofs werde vom Bundesverfassungsgericht eine so genannte Auffangverantwortung wahrgenommen. Damit würde die Kompetenzkontrolle im Sinne einer ultra vires-Kontrolle ausgeübt.    

    Bei einer Transferunion als Solidaritätslösung, die ähnlich zum deutschen Finanzausgleich ausgestaltet wäre, sieht Herr Prof. Calliess die (politischen) Grenzen der europäischen Solidaritätsbereitschaft allerdings überschritten. Die finanziell umfangreichen Strukturfonds seien Ausdruck der europäischen Solidarität. Bei dem sensiblen Bereich des politischen Solidaritätsumfangs müssten stets die Gefahr des Rechtsbruchs und das Glaubwürdigkeitsproblem mitbedacht werden.

 

Prof. Dr. Engler, Lehrstuhl für Geldtheorie und Geldpolitik, Freie Universität Berlin, argumentiert in Abgrenzung zur juristischen Perspektive, dass es in der gegebenen Situation, die mit Blick auf die Lage der Banken vergleichbar zur Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre war, wenig Alternativen gab. Das Zulassen einer drohenden Bankenkrise - ein nicht unplausibles Szenario - hätte nicht nur die Akzeptanz für Europa absolut minimiert, sondern auch die handelnden Politiker als verantwortungslos dargestellt.    

    Bezogen auf das griechische Problem beschreibt er die Insolvenzkrise des Staates, die durch jahrelange Defizite gekennzeichnet war. Auch in wirtschaftlich prosperierenden Jahren sei der Schuldenstand - auch bedingt durch die vereinfachte Aufnahme von Krediten auf dem Geldmarkt - hochgetrieben worden. Schließlich kam es zu einem Vertrauensverlust der (Bond-) Märkte in die griechische Zahlungsfähigkeit. Bei der Umschichtung des Portfolios stellte er Deutschland als einen der Nutznießer dar. Zur Schuldenkrise trug bei, dass Zinszahlungen von 4 bis 10% angesetzt wurden. Bei einer Verschuldung von 150 % zum BIP und entsprechend hohen Zinszahlungen bis schließlich über 10% drohte konsequenterweise die Gefahr einer Schuldenspirale.    

    Als Lösungsmodell bot sich eine Haushaltskonsolidierung im Rahmen der Bail-out-Regel an. Bei dieser ökonomischen Herangehensweise bedinge ein vertragskonformes Verhalten, das über die Märkte erzwungen werde, dass keine weitere Kreditvergabe möglich sei. Es komme zu einer Umschuldung und man agiere mit einer niedrigeren Verschuldung weiter. Das mögliche Risiko sei allerdings der Bankenzusammenbruch.    

    Das Gegenmodell ist laut Prof. Engler ein Stabilisierungsfonds, der unter Missachtung der Bail-out-Regel, durch die Europäische Union oder den IWF eingesetzt wird. Damit könne ein Bankenzusammenbruch verhindert werden. Werde der Fonds frühzeitig eingesetzt, könnten effektive Obergrenzen für Zinsen gesetzt werden. Dies habe wiederum den Vorteil, dass „die Märkte nicht nervös werden“. Zudem werde Griechenland ein Zeitfenster geöffnet mit der Möglichkeit, die Haushalte zu konsolidieren. In diesem Fall spreche man von einem „Blanko-Scheck“, bei dem zu berücksichtigen sei, dass die Gefahr der Schuldenproblematik latent bleibe. Demgegenüber berge ein späteres Einrichten des Stabilisierungsfonds die Gefahr den Marktdruck zu erhöhen. Durch die abwartende Position bestehe die Gefahr, „von den Märkten getrieben“ zu werden. Schließlich seien die Maßnahmen nicht hundertprozentig ausgereift und die Konsolidierungsmaßnahmen würden überhastet angegangen. Dies mag zulasten der Glaubwürdigkeit gehen. Herr Prof. Engler führt aus, dass im vorliegenden Fall die Notwendigkeit und die Einsicht, Unterstützung für erfolgreiche Hilfe zu geben, hoch waren. Obwohl im Prinzip der Rettungsschirm zu begrüßen sei, sei die Bewältigung der Krise nun kostspieliger geworden. Ein früheres Einsetzen, also ein halbes Jahr früher, wäre „günstiger“ gewesen.

     Das Gelingen von Konsolidierungsmaßnahmen unterliege den folgenden Prinzipien: Erfolgreiche Konsolidierungsmaßnahmen setzten auf Nachhaltigkeit und seien expansiv hinsichtlich des BIP. Dabei würden die Schuldenprobleme in Angriff genommen bei gleichzeitiger Überwindung der Wirtschaftswachstumsschwäche. In der IWF-Literatur seien Mitte der 1990er Jahre die folgenden Kriterien und Maßnahmen vorgeschlagen worden, die bis heute relevant seien:

 • Staatsausgaben senken statt Steuern zu erhöhen;

 • konsumtive statt investive Ausgaben senken;

• Schrumpfung des öffentlichen Sektors bei Politikfeldern, bei denen es möglich und (sozial) vertretbar sei.

Diese Maßnahmen gehen den Kern des Zwillingsdefizits an, also das hohe Haushaltsdefizit und das enorme Leistungsbilanzdefizit. Die Wettbewerbsfähigkeit werde durch das Senken der Lohnstückkosten erhöht. Laut Prof. Engler bestehe weiterhin das Risiko, dass das Problem auf weitere Staaten übergreife. Es bedürfe daher reformwilligen Regierungen, verbunden mit dem politischen Willen zur Umsetzung der Sparmaßnahmen und der Erfüllung der Auflagen im Rahmen der Konditionalität.

 

Prof. i.R. Dr. Tömmel, Jean Monnet Lehrstuhl für Europäische Politik, Universität Osnabrück leitet mit einer Kommentierung der Berichterstattung über Griechenland ein, die einer populistischen Hetze gleiche. Zu oft werde von den verantwortungslosen Griechen gesprochen, die sich in die Krise hineinmanövriert hätten. Sie zeichnet die innenpolitische Lage der letzten Jahrzehnte nach und stellt die Rolle zweier wichtiger Parteien und ihrer Reformbemühungen z. B. mit Blick auf die Rentenreform dar. Dabei führt sie das Scheitern und den damit verbundenen Reformstau auf die Widerstände innerhalb der eigenen Partei, der Wähler und der Opposition zurück. Als Beispiel für die reformwillige Regierung PASOK, die aktiv Formen von Klientelismus bekämpfe, führt sie die Entlassung von 20 000 Personen an, die Beratungstätigkeiten für diverse staatliche Institutionen ausgeübt hätten. Das Hauptproblem der Finanzkrise sei die relative Unfähigkeit des griechischen Staates Steuern einzuziehen: Wenn Finanzbehörden die Gelder nach den heutigen Steuergesetzen eintreiben würden, wäre dies zugunsten des Staatshaushaltes.

     Im Folgenden wirft sie einen kritischen Blick auf die politischen Beschlüssen der EU zum Beitritt einzelner Staaten zur WWU: Es könnten nur diejenigen Staaten der WWU beitreten, die strikt die Kriterien erfüllten. Ihrer Einschätzung nach basierten die Beitritte von Italien, Portugal und Spanien auf politischen Beschlüssen und nicht auf fundierten ökonomischen Analysen. Aus diesem Grunde trage die EU eine Mitschuld an der aktuellen Misere. Schließlich sei der Rat ein denkbar schlechtes Gremium zur Überwachung der Maßnahmen sei - gemäß dem Motto „eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“. Als Überwachungsgremium komme jedoch auch nicht die Europäische Kommission in Frage. Diese hätte zwar zu Delors-Zeiten eine höhere Autorität gehabt; gegenwärtig würden Hinweise der Europäischen Kommission vom Rat ignoriert. Es sei wichtig, dass die Statistiken der Mitgliedstaaten genauer unter die Lupe genommen würden. Ein Überwachungsgremium müsse eine politische Autorität haben und dürfe zudem nicht mit einzelnen Mitgliedstaaten „verbandelt“ sein. Eine harte Überwachung müsse vielmehr unabhängig agieren. Zusammenfassend äußert sie, dass die EU eine Mitschuld treffe, da sie die Defizitsituation einzelner Staaten jahrelang zu milde beurteilt habe.

     Schließlich gibt Frau Prof. Tömmel ihrer Verwunderung darüber Ausdruck, dass bereits vor eineinhalb Jahren in kanadischen Wirtschaftsfachvorträgen angedeutet wurde, dass Griechenland vor dem Staatsbankrott stehe. Gleichwohl sei ist Europa derzeit keine Reaktion erfolgt. Abschließend weißt sie darauf hin, dass deutsche Banken sehr viele „faule Kredite“ in Ost- und Südeuropa hätten. Zudem führt sie aus, dass bei denaktuellen Rettungsmaßnahmennicht nur den Griechen geholfen würde. Mit den Stützungsmaßnahmen des Euros gingen auch Hilfen für die reichen Banken einher.

 

Diskussion mit dem Publikum

Calliess zum Art. 125

Art. 125 untersagt die freiwilligen Hilfen im Sinne einer Haftung der Mitgliedstaaten. Die Passage zum Eintrittsverbot sei seiner Einschätzung nach die umfassende Formulierung, die auch freiwillige Hilfen ausschließe. Dennoch seien unterschiedliche Auslegungen möglich. Er findet jedoch, dass das Recht abschließend formuliert sei und Erweiterungen des Textes ausgeschlossen seien.

Tigges zur Anfrage von Hilfsgeldern durch weitere Staaten

Die mögliche Anfrage von Hilfsgeldern durch weitere südeuropäische Staaten wird dementiert. Zur Reichweite des Rettungsschirms und möglichen Verhandlungen über ein 3. Paket ist er optimistisch: Sollte ein Dominoeffekt einsetzen, bei dem Portugal, Spanien oder Italien betroffen seien, so wäre bei den letztgenannten Staaten das Geld schnell aufgebraucht. Grundsätzlich seien zusätzliche Sparanstrengungen der betroffenen Mitgliedstaaten notwendig, um ein Signal an die Märkte zu senden.

Tigges/Calliess zur Stärkung des Wachstums- und Stabilitätspakts

Das bisher zu lax ausgelegte Schuldenstandkriterium, also das Defizitkriterium, sollte stärker berücksichtigt werden. In wirtschaftlich guten Zeiten sollte somit ein mindestens ausgeglichener Haushalt angestrebt werden. Zur institutionellen Ausgestaltung eines Überwachungsmechanismus’ wird der Argumentation von Prof. Tömmel zugestimmt, in dem Sinne, dass die Überschreitung der Defizitgrenze nicht mehr vom Rat festgestellt werden sollte. Vielmehr sollte ein Automatismus in Gang gesetzt werden. Das gleiche gelte für Sanktionsmechanismen wie Geldbußen, Reduzierung des Stimmrechts im Rat sowie Stopp der Transferzahlungen aus den Strukturfonds.

Calliess zum geordneten Insolvenzverfahren

Aus seiner Sicht wäre das Verfahren eines geordneten Insolvenzverfahrens gerecht: Dabei würden bei einer Umschuldung die Gläubiger, also die Investmentfonds mit beteiligt. Zu 9% Zinsen wurden Risikoanleihen am Markt aufgenommen; während die Verlustrisiken wiederum sozialisiert würden. Politiker seien „unglücklich mit dieser Regel“: Es gelte, diejenigen, die an der Krise verdient hätten, an den Verlusten zu beteiligen. Daher gebe es Überlegungen, ein geordnetes Insolvenzverfahren zu etablieren.

Engler zur Funktionsfähigkeit der Banken

Börzel: „Sozialisierung der Verluste, Privatisierung der Gewinne“. Es ergebe sich das grundsätzliche Problem, dass privatwirtschaftliche Verluste verstaatlicht würden. Schließlich könne man auch „Banken pleite gehen“ lassen. Seiner Meinung nach müsse komplementär zum staatlichen Insolvenzverfahren eines für Banken installiert werden. Dabei müssten die Größe von Banken sowie die juristische Konstruktion geprüft werden.

Tigges/Tömmel zum strukturellen Leistungsbilanzdefizit und zum Aufschieben von Strukturreformen

Die preisgebundene Wettbewerbsfähigkeit über eine mögliche Abwertung der Währung sei verloren gegangen. Diese müsse über andere Maßnahmen erhöht werden. Häufig fehle der Wille zur Reform, Vetoakteure behinderten Strukturreformen und führten zu einer Kapazitätsschwächung. Die südlichen Mitgliedstaaten seien strukturell benachteiligt, da sich diese seit der Nachkriegszeit in einem langfristigen Aufholprozess befänden. Dabei sei ein so genannter „schiefer Sozialstaat“ entstanden, bei dem die Beschäftigungsbasis nicht breit genug war. Der negative Nebeneffekt war die Bildung eines zu großen Staatsapparates. In der Globalisierung wurde die Produktivitätserhöhung durch die Konkurrenz durch asiatische Staaten sowie seit den 1990er Jahren durch die mittel- und osteuropäischen Staaten behindert. Die südeuropäischen Staaten hätten stets die traditionellen Sektoren (Logistik) sowie auf den tertiären Sektor mit Tourismus und Schiffshandel gesetzt. Gleichzeitig müssten in Griechenland weiterhin die meisten Industriegüter importiert werden. Somit sei das Leistungsbilanzdefizit kurzfristig nicht lösbar.

 Karin Pieper   

 

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