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Bericht zur Podiumsdiskussion

— Frederike Lichtenstein (Studentin, FU Berlin)

 

Als ich am Donnerstag, den 6. Februar 2014 um 18 Uhr den Fraktionsvorstandssaal der CDU/CSU im Deutschen Bundestag betrete, weiß ich sofort, dass ich im richtigen Raum bin: Ein Beamer wirft das Thema der bevorstehenden Podiumsdiskussion an die Wand: "Politik für die Netzgesellschaft – Wie gestalten wir unsere digitale Zukunft?". Passend dazu liegt vor fast jedem der Anwesenden ein Laptop oder zumindest ein Smartphone auf dem Tisch. Als ich mich dazusetze, bin ich ein wenig nervös. Zum Schreiben habe ich heute nämlich bloß Kugelschreiber und Notizbuch dabei. Demonstrativ lege ich mein Smartphone daneben.

Die Podiumsdiskussion findet als Auftaktveranstaltung der Tagung "Kommunikationspolitik und Medienregulierung in der digitalen Gesellschaft" statt. Organisiert wird die Veranstaltung unter anderem vom Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin. Ich selbst bin natürlich auch als Studentin der Kommunikationswissenschaft gekommen, aber vor allem als Teil der besagten Netzgesellschaft. Denn obwohl ich mich jeden Tag fast wie selbstverständlich im Internet bewege, habe ich mir über die politischen Fragen, die sich aus den unbegrenzten Möglichkeiten des WorldWideWeb ergeben, noch nie wirklich Gedanken gemacht.

Auf dem Podium nehmen nach und nach die Teilnehmer der Diskussion Platz. Dr. Simon Weiß ist als Vertreter der Piratenpartei erschienen, Burkhard Dregger vertritt als Netzpolitischer Sprecher die CDU-Fraktion. Der Kommunikationswissenschaftler Dr. Carsten Brosda, der auch gleichzeitig im Hamburger Landrat sitzt, ist anwesend, sowie Dr. Joachim Bühler als Vertreter der Geschäftsleitung von Bitkom und der Netzaktivist Markus Beckedahl, der die Internetseite netzpolitik.org betreibt. In der Mitte sitzt der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Vowe, der die Diskussion moderiert.

Pünktlich um 18.30 Uhr wird es ruhig im Fraktionsvorstandssaal und die Aufmerksamkeit der Zuschauer richtet sich auf das Podium. Gerhard Vowe eröffnet die Diskussion, indem er die Fragen vorstellt, die im Laufe des Abends beantwortet werden sollen: In welchem Verhältnis stehen Netzgesellschaft und Politik? Welchen Handlungsspielraum hat die Politik und welche Forderungen werden an die Politik im Hinblick auf die Netzgesellschaft gestellt?

Als Einleitung fordert er die Diskussionsteilnehmer auf, jeweils drei konkrete Wünsche an die Politik bzw. relevante Themen aufzuzählen. Das Thema, welches fast ausnahmslos von allen angesprochen wird, ist der NSA-Skandal. Man ist sich einig, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen.: "Wir müssen mit gutem Beispiel voran gehen", sagt Markus Beckedahl, Deutschland solle zukünftig "auf sämtliche Überwachung verzichten". Auch Simon Weiß fordert dazu auf, in Deutschland Überwachungsmaßnahmen "präventiv abzurüsten". Für Burkhard Dregger steht die digitale Selbstverteidigung im Vordergrund: "Das ist ja wie im Krieg im Grunde: Man wird angegriffen und versucht, sich zu verteidigen."

Immer wieder diskutiert wird auch die Frage nach den politischen Handlungsspielräumen im Netz. Für Carsten Brosda braucht Deutschland vor allem "regulatorische Rahmenbedingungen", die "Klarheit schaffen". Die stetige Auflösung medialer Grenzen führe zu Schnittstellenproblemen, beispielsweise wenn auf Webseiten der gedruckten Presse plötzlich Bewegtbildprodukte auftauchen. Die Frage "Wer ist überhaupt zuständig?" müsse dringend beantwortet werden. Simon Weiß bezeichnet die deutsche Medien- und Netzpolitik gar als "behäbiges Schlachtschiff".

Auch das Publikum bekommt die Möglichkeit, eigene Themen mit in die Diskussion einzubringen. Ein Zuschauer spricht die Zukunft der E-Demokratie an. Werden bald vielleicht sogar Wahlen online abgehalten? Burkhard Dregger lehnt dies im Hinblick auf eventuelle Möglichkeiten der Manipulation strikt ab. Außerdem seien nicht alle Bürger "digital unterwegs" und somit sei auch die "Repräsentativheit" von Online-Wahlen nicht gewährleistet. "Die traditionelle Sprechstunde könnte man zumindest in meinem Wahlkreis trotz Digitalisierung nicht entfallen lassen", sagt er.

Ich blicke nach unten: Acht beschriebene Seiten Papier liegen neben meinem Smartphone auf dem Tisch und mir wird bewusst, dass zahlreiche Herausforderungen vor der deutschen Politik im Hinblick auf die digitale Gesellschaft stehen und dass so viele verschiedene Akteure – Politiker, Wirtschaftsvertreter und letztendlich vor allem auch die Internetnutzer selbst – an diesem Prozess beteiligt sind, dass eine zeitnahe Problemlösung nur schwer möglich erscheint.

Gerhard Vowe schließt die Diskussion mit der Feststellung, dass alle Teilnehmer eigentlich weitgehend einer Meinung gewesen seien. Auch ich habe diese Beobachtung gemacht und mir kommt doch noch ein recht optimistischer Gedanke: Könnte dies nicht schon der erste Schritt sein, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen?

 

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