Seminar: Theorie und Praxis sozio-kultureller Jugendarbeit im sozialen Brennpunkt am Beispiel der Jugendtheaterwerkstatt Moabit
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2007
Prof. Dr. Christine Kulke/ Ahmed Shah
Theorie und Praxis sozio-kultureller Jugendarbeit im sozialen Brennpunkt am Beispiel der Jugendtheaterwerkstatt Moabit
Do 12-14 Uhr
Blockveranstaltung: nach Absprache
Kommentar:
Im Zuge der Entwicklung globaler Transformationen sind vielfältige Diskurse und soziale Praxen entstanden, die auch die sozio-kulturelle Jugendarbeit unmittelbar berühren und herausfordern. Darunter sind u.a. das Verhältnis von Migration und der Einwanderungs- bzw. Dominanzgesellschaft zu nennen, die Verstärkung von Gewalt, Gewaltpotenzialen, von Rassismus und Antisemitismus und die Ethnisierungsprozesse sowie die Herausbildung differenter kollektiver Identitäten, die kulturell nicht akzeptiert werden. Hinzu kommen eine zunehmende sozial-materielle und kulturelle Exklusion sozialer Schichten und die Verschärfung sozio-politischer Konflikte. In deren Gefolge sollen Pisa- und Rütli-Schock wenigstens angedeutet werden.
Inwieweit kann sozio-kulturelle Jugendarbeit diesen Herausforderungen gerecht werden?
Im Seminar wird zunächst zu bestimmen sein, welches die zentralen Ansätze sozio-kultureller Jugendarbeit in Brennpunktgebieten sind. Vermutlich sind diese erfolgreich in geeigneten Konzeptionen und Modellen der politischen Sozialisation und Bildung zu
suchen. Es wird zu prüfen sein, ob die These trägt, daß sozio-kulturelle Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten in enger Beziehung zu politischer Sozialisation und Bildung steht. Diese werden hier allgemein als kritische Instanz zur Vermittlung und Entwicklung politischen Lernens und politischer Handlungskompetenzen in demokratischen zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen verstanden. Freilich wird im Seminar auch aufgezeigt werden, welche Defizite in diesen, sich als kritisch verstehenden Ansätzen, enthalten sind.
Im Besonderen werden wir uns, im Rahmen des Seminars, damit beschäftigen, wie sozio-kulturelle Arbeit in den Milieus, die zunehmend als moslemische Parallelgesellschaften bezeichnet werden, aussehen kann.
Wir werden uns konkret mit der Arbeit von Grenzen-Los! Die Jugendtheaterwerkstatt Moabit auseinandersetzen. Die Arbeit von Grenzen-Los! vereint unterschiedliche Ansätze. Darunter 1. Community Art künstlerische Arbeit im Stadtteil, nicht als Maßnahme zu Verschönerung des sonst öden Wohnumfelds, sondern als eine Verlagerung des künstlerischen Handwerks vom Kunstbetrieb zu den Menschen in ihren Alltag.
2. Emanzipationspädagogik soziokulturelle Arbeit nicht als Überlebens- oder Besänftigungstherapie, sondern als Strategie zur Förderung und Befähigung des kritischen Potentials der Betroffenen. 3. Bricolage Förderung der Ansätze selbst gebastelter Identität der Jugendlichen jenseits einer angeblichen Leit- oder Multikultur.
Wir werden anhand von Vorträgen und filmischen Dokumentationsmaterial, aber auch in Gesprächen mit den Jugendlichen die vergangene und gegenwärtige Arbeit des Projektes analysieren und die Herausforderungen sozio-kultureller Jugendarbeit diskutieren. Im Abschluss sollen die Möglichkeiten und Grenzen, aber auch die Perspektiven für eine zukünftige Arbeit in diesem Bereich formuliert werden.