Working Paper No. 16: Der deutsche Asyldiskurs vor und nach der Silvesternacht 2015. Eine Diskursanalyse parlamentarischer Debatten des Deutschen Bundestags
Sarah Klemm – 2017
Sexualisierte Gewalt nimmt in der öffentlichen Debatte in Deutschland gewöhnlich nicht viel Raum ein. Anders nach der Silvesternacht 2015, in der in Köln mehrere Hundert Frauen Opfer sexualisierter Übergriffe wurden: Die Vorfälle lösten eine hitzige öffentliche und politische Debatte aus, die sich vorrangig um die mutmaßlich nicht herkunftsdeutschen Täter drehte. Das vorliegende Working Paper beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit der Frage, wie sich die Diskussion um die Silvesternacht in Köln auf den deutschen parlamentarischen Asyldiskurs auswirkte. Es untersucht im Rahmen einer Diskursanalyse nach Schwab-Trapp parlamentarische Debatten über die Silvesternacht und die sogenannte ‚Flüchtlingskrise‘ aus den Jahren 2015 und 2016. Die Analyse zeigt, dass nach der Silvesternacht 2015 keine grundlegend neuen Deutungsmuster in der parlamentarischen Asyldebatte auftauchten – Migrations- und Fluchtbewegungen werden durchweg als problematische Phänomene konstruiert. Die Grenzen des Sagbaren verschieben sich jedoch im Hinblick auf die Differenzierung in mehr oder weniger schutzbedürftige Gruppen Asylsuchender. Diese Differenzierung (re)produziert ein positives (Selbst-)Bild Deutschlands und legitimiert die Anfang 2016 durchgesetzten Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts. Sexismus in Deutschland wird dabei konsequent dethematisiert.