Männlichkeiten und AIDS in Südafrika
Wie sehen sich junge Männer im urbanen Südafrika? Wie wirken sich männliche Selbstbilder auf Partnerschaft, Sexualität und die Übertragung von HIV aus? Dies sind Fragen, mit denen sich das fortlaufende Forschungsprojekt seit 2007 beschäftigt. Bislang wurden über 120 Männer befragt. Einen Schwerpunkt bildete die Dokumentation und Analyse von Lebensgeschichten.
Wenn junge Männer sich als gesellschaftlich ausgeschlossen und unattraktiv für potentielle Partnerinnen wahrnehmen, hat dies oft weitreichende Folgen. Eine Karriere als Tsotsi, als „Ganove“, wird von manchen als Weg zur sozialen Anerkennung betrachtet. Kriminelle Unternehmungen ermöglichen es, sich moderne Markenkleidung und Konsumartikel anzueignen. Diese Selbst-Inszenierung - oft in Verbindung mit Alkohol - bestimmt den Erfolg bei jungen Frauen, die aus Sicht der Männer oft nach Schutz und finanzieller Zuwendung suchen. Trotz Wissen über HIV/AIDS werden in diesen Beziehungen eher selten Kondome benutzt. Vielmehr wird ungeschützter Sexualverkehr als ein Beweis von Liebe und Vertrauen wahrgenommen.
Die Mehrzahl junger Männer bricht jedoch früher oder später aus der Welt des Tsotsi aus und findet Sinn und Anerkennung in zivilgesellschaftlichen oder religiösen Organisationen. Nicht selten führen Erfahrungen von Gewalt und Kriminalität dabei zu persönlichen Transformationsprozessen: Aus „Gaunern“ werden dann Pastoren, Erzieher und Volontäre im Kampf gegen HIV/AIDS, die sich nichts sehnlicher wünschen als mit ihren Familien endlich auch am ökonomischen Reichtum des Landes teilzuhaben. Letzterer liegt jedoch nach wie vor großteils in den Händen der Nachfahren europäischer Einwanderer.
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Projektleitung: Prof. Dr. Hansjörg Dilger
Pressebericht über das DFG-Projekt "Das starke Geschlecht? Männlichkeiten und AIDS in Kapstadt, Südafrika":
- Tagesspiegel (28. 08. 2010): "Wann ist ein Mann ein Mann?" (von Nicole Körkel)
Abschlusskonferenz des Projekts:
- Men in (E)Motion: Gendering Affect in Times of Distress (Freie Universität Berlin, 11.-12. Mai 2012)