Zwischen Berufsverbänden, Parteien und Wissenschaft
Die Journalistenvereinigung Reichsverband der deutschen Presse intensivierte nach dem Ersten Weltkrieg Pläne für ein zeitungskundliches Institut in Berlin. Treibender Akteur war Martin Mohr, ab 1918 Leiter einer Zeitungswissenschaftlichen Kommission des Reichsverbands und zuvor auch im Vorstand des Vereins Deutscher Zeitungsverleger. Der langjährige Journalist nationalliberaler Zeitungen konnte sich ab 1921 auch auf parteipolitische Kontakte stützen. Otto Boelitz von der nationalliberalen Deutschen Volkspartei wurde Preußischer Kultusminister und berief Mohr als Referenten für Zeitungskunde. 1924 erteilte die Philosophische Fakultät Mohr einen Lehrauftrag für Zeitungskunde.
Das im selben Jahr gegründete Deutsche Institut für Zeitungskunde war allerdings ein eingetragener Verein außerhalb der Universität, untergebracht in der Preußischen Staatsbibliothek. Trägergesellschaft war die Deutsche Gesellschaft für Zeitungswissenschaft. Ihrem Vorstand gehörten der Preußische Kultusminister und die Vorsitzenden der Berufsverbände an. Im Verwaltungsrat saßen daneben weitere staatliche Vertreter des Innenministeriums und des Auswärtigen Amts sowie Wissenschaftler der Universität Berlin und der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Diese Organisationsform sicherte eine gute finanzielle Ausstattung, erlaubte den Berufsverbänden als Geldgebern aber auch großen Einfluss.
Kurz nach seiner offiziellen Ernennung zum Institutsdirektor 1927 starb Mohr. Die Vertreter der Philosophischen Fakultät präferierten den Münchener Zeitungswissenschaftler Otto Groth als Nachfolger. Der Wunschkandidat der Berufsverbände war Emil Dovifat. Der Journalist genoss durch sein verbands- und medienpolitisches Engagement hohes Ansehen sowohl der Verleger als auch seiner Berufskollegen. Er vertrat den Beruf auch nach außen und baute über Vorträge, Publikationen sowie parteipolitisches Engagement für die katholische Zentrumspartei ein großes Netzwerk auf. Die Berufsverbände setzten sich mit Unterstützung des Kultusministers Carl Heinrich Becker durch. Becker berief Dovifat 1928 als außerordentlichen Professor an die Philosophische Fakultät, der Verwaltungsrat ernannte ihn zum Direktor des Deutschen Instituts für Zeitungskunde.