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Selbstgleichschaltung und Expansion des Fachs

Lehrplan der Zeitungswissenschaft. Monatsschrift für Internationale Zeitungsforschung, Februar 1935.

Lehrplan der Zeitungswissenschaft. Monatsschrift für Internationale Zeitungsforschung, Februar 1935.

Walther Heide

Walther Heide
Bildquelle: Fotograf: unbekannt / Atlantic Photogesellschaft m.b.H. / Privatarchiv Ingrid Klausing

Nicht nur in Berlin stellten sich die Fachvertreter in den Dienst des Regimes. Sie wurden dafür mit dem institutionellen Ausbau der Zeitungswissenschaft belohnt. Waren in der Weimarer Zeit vor allem außerplanmäßige Professuren eingerichtet worden, erhielt das Fach nach 1933 an viele Universitäten Ordinariate. Zudem stieg die Zeitungswissenschaft zum Hauptfach mit Habilitationsrecht und Alleinverantwortlichkeit für Dissertationen auf. Mehrere neue Standorte wurden eingerichtet, etwa an der Universität in Königsberg, in Prag und Wien. Hinter dieser Aufwertung standen zwei Erwartungen des NS-Staates: Produktion von Wissen über Propaganda und Ausbildung von regimekonformen Journalisten. Die Machthaber erkannten das Studium als Teil der obligatorischen Schriftleiterausbildung an. 1935 vereinheitlichten sie den Lehrplan für alle Institute. Walther Heide trieb als Beamter im Propagandaministerium und Präsident des Deutschen Zeitungswissenschaftlichen Verbands die Gleichschaltung des Fachs und die Anpassung an die NS-Politik voran. Der Ausbau des Fachs ging auf Kosten der Wissenschaftler, die nicht in das Weltbild des Regimes passten. Entlassungen und antisemitische sowie politische Verfolgung erzwangen einen personellen Wechsel an den Instituten. Aufgrund der Verfolgung von Wissenschaftlern und der ideologischen Ausrichtung des Fachs gingen Ansätze einer interdisziplinären, soziologischen und sozialpsychologischen Kommunikationsforschung verloren. 

Walther Heide (1894-1945?) war wichtiger wissenschaftspolitischer Organisator der Gleichschaltung des Fachs im Nationalsozialismus. Seit Beginn der 1920er Jahre hatte der promovierte Historiker mit programmatischen Aufsätzen den Ausbau der Zeitungswissenschaft gefordert, von dem er sich eine eigene Professur erhoffte. Als Verfasser nationalistischer Propaganda knüpfte er ein Netzwerk in Politik, Wissenschaft und Presse, 1927 stellte ihn die Presseabteilung der Reichsregierung als Referenten an. Ab 1926 gab er gemeinsam mit seinem Freund Karl d’Ester, Münchener Professor für Zeitungswissenschaft an der Universität München, das Fachorgan Zeitungswissenschaft heraus.

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