Springe direkt zu Inhalt

Mehr Praxis in die Lehre: Das Berliner Modell der Journalistenausbildung

Studienplan Berliner Modell

Studienplan Berliner Modell
Bildquelle: Fachbereichsrat des Fachbereichs Philosophie und Sozialwissenschaften (1975). Akzente einer Studienreform, S. 98.

Karikatur Fallstudie

Karikatur Fallstudie
Bildquelle: Urheber: unbekannt / abgedruckt in: Komma. Zeitung am Institut für Publizistik der FU Berlin, (4), 1982, S. 18.

Alexander von Hoffmann

Alexander von Hoffmann
Bildquelle: Fotograf: unbekannt / privat

Gerhard Kothy (2009)

Gerhard Kothy (2009)
Bildquelle: Foto: DJV Berlin/JVBB im DJV

Barbara Thomaß

Barbara Thomaß
Bildquelle: Foto: B. Schäfer

Mitte der 1960er Jahre forderten Studierende und Mitarbeiter eine stärkere Praxisorientierung, die sie teilweise mit politischen Forderungen verbanden. In Erwartung, dass Pross die Anliegen teilte, engagierten sie sich für seine Berufung. Der Journalist brachte seine Ideen für die Ausbildung von „Fachleuten für Kommunikation“ ein, distanzierte sich aber von den politischen Auseinandersetzungen. 1973 legten die Berliner Wissenschaftler ihr Modell zur Ausbildung von „Kommunikationspraktikern“ vor, das für Journalismus, Öffentlichkeitsarbeit und Pädagogik qualifizieren sollte. Wie für die Forschung war auch für die Lehre das Verständnis der Publizistikwissenschaft als kritisch-emanzipatorische Sozialwissenschaft leitend. Innovativ am Berliner Modell war die Theorie-Praxis-Integration. Es erhielt bundesweite Aufmerksamkeit und lieferte ein wissenschaftliches Konzept für die Forderung der Journalistengewerkschaft dju, das Volontariat durch ein Studium zu ersetzen.

Warum wurde aus dem Berliner Institut trotzdem kein Standort der Journalistik wie Dortmund, München oder Leipzig? Die Einrichtung von Gesamthochschulen als Rahmen blieb aus. Angriffe von konservativen Rundfunkintendanten und Fachkollegen erschwerten die Vermittlung von Praktika und Volontariaten. Für Laborausstattung und Lehraufträge fehlte die ausreichende Finanzierung. Das Institut verpasste es, einen Antrag auf Förderung beim Bund zu stellen. Schließlich verweigerten Landesregierungen unter SPD und CDU die Anerkennung. Bis zur Ablösung des Modells durch einen neuen Studienplan 1988 fehlte die offizielle Unterschrift eines Kultusministers.

Die Berufung Alexander von Hoffmanns

Ab 1974 baute Alexander von Hoffmann als Professor für Medienpraxis das berufspraktische Lehrangebot aus. Die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter Andreas Wosnitza und Michael Meissner erhielten 1982 Dauerstellen für ihre Praxislehre und die Kontaktpflege zu den Redaktionen.

Urteile zu Theorie und Praxis

Alexander von Hoffmann: „Die sich über die richtige Auslegung des ‚Kapitals‘ den Kopf zerbrachen, die haben zwar von Praxis geredet und dabei gern den schönen, abwertend gemeinten Begriff des ‚Handwerklichen‘ benutzt. Aber wichtig war ihnen nur die Theorie.“

Gerhard Kothy, damals Student, später Journalist: „Über den Fachmann für Kommunikation herrschte Einigkeit, über seine anzustrebende oder abzulehnende Parteilichkeit wurde heftig gestritten. Für viele Studenten war die Sache klar, die Frage nur: ‚Wie links können Journalisten sein?‘.“

Barbara Thomaß, Studentin, später KW-Prof: „Die Seminare waren intellektuell extrem anregend. Der Praxisbezug hat mich nicht sonderlich umgetrieben. Ich wollte ein wissenschaftliches Studium. Diese theoretische Auseinandersetzung mit dem, was Medien in der Gesellschaft bedeuten, das war für mich das eigentlich Faszinierende. Das hatte dazu geführt, dass ich von dem Berufswunsch Journalistin erst einmal wieder abgekommen war.“

medlab_logo_skaliert
Logo_IMS